DFG-Projekt "Eheprozesse vor dem Freisinger Offizialat im späten Mittelalter"
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Beschreibung der Akten

Die Akten des Freisinger geistlichen Gerichts stellen den umfangreichsten seriellen Quellenbestand an Offizialatsakten dar, der aus dem Mittelalter im deutschen Sprachraum erhalten ist. Es handelt sich um insgesamt 43 Bände aus dem Zeitraum von 1424/1464-1525. Jeder Band enthält etwa 180-230 Gerichtsfälle auf 250-450 Folia und dokumentiert die Prozesse eines Jahres. Zudem enthält (fast) jeder Band eine Liste von Prokuratorenbestellungen, die die Inanspruchnahme von rechtlichem Beistand durch die Prozessparteien dokumentiert.

Prozessarten

Verhandelt wurden vor dem Freisinger Offizialat zivile Streitigkeiten, die unter das Kirchenrecht fielen oder an denen Geistliche beteiligt waren. Dies waren im 15./16. Jh. vor allem:

Matrimonialprozesse, z.B.:

  • Ehezuerkennungen
  • Trennungen
  • Eheannullierungen
  • Deflorationsverfahren
  • Edukationsverfahren
  • Verfahren um Ehehindernisse

Andere Klagearten, z.B.:

  • Testamente und Testamentsstreitigkeiten
  • Nachlaßgüterregelungen
  • Besitz- und Nutzungsstreitigkeiten
  • Schenkungen

Prozessschritte

Die Freisinger Offizialatsakten wurden als Tag-für-Tag-Mitschriften angelegt, die Einblicke in den konkreten Ablauf der Gerichtsverhandlungen bieten. Die in den Akten auffindbaren Prozessschritte sind z.B.:

  • Streitfestlegungen (litiscontestationes)
  • Anklageschriften (libelli articulorum)
  • Verteidigungsschriften (responsiones)
  • gerichtliche Einreden und Repliken (exceptiones bzw. replice)
  • Zeugenaussagen
  • Beweismitteleinreichungen (z.B. Liebesbriefe oder ärztliche Rechtsgutachten)
  • Zwischen- und Endurteile (interlocutorie bzw. sententie diffinitive)
  • Appellationsankündigungen

Die Dokumentation dieser Gerichtsschritte findet sich sowohl als Eintragung bzw. Kopie des Gerichtsschreibers als auch als in originalen Dokumenten, die der Akte beigelegt wurden.

Soziales Spektrum der Gerichtsnutzer

Das soziale Spektrum der Gerichtsnutzer ist äußerst breit, man findet darunter Menschen aus allen gesellschaftlichen Schichten wie:

  • Adlige
  • herzogliche Bedienstete
  • Stadtbürger
  • Dienstmägde
  • Taglöhner
  • Bauern

Der geographische Bewegungsradius dieser vor Gericht auftretenden Personen reicht dabei über die Diözese Freising hinaus, etwa bis nach Nürnberg, Wien oder Südtirol.