DFG-Projekt "Eheprozesse vor dem Freisinger Offizialat im späten Mittelalter"
print

Links und Funktionen

Navigationspfad


Inhaltsbereich

Der Preis der Kunst

(Duane Henderson)

Im Jahr 1474 legte der Münchner Maler Hans Halbax1 beim Freisinger Offizialat eine Klage ein, dass er seine Bezahlung für Auftragsarbeiten in der Pfarrkirche St. Ursula in Pellheim nicht erhalten hatte. Es handelte sich dabei um zwei bildliche Darstellungen, die offenbar in unterschiedlichen Techniken angefertigt waren: eine Kreuzigung (crucificium vulgo ainen toten gott), die als Tafel- oder Wandgemälde ausgeführt gewesen sein könnte, und ein Fastentuch (una phalanga et panno quadragesimali vulgo Hungertuch). Über den Wert dieser Kunstwerke waren der Maler und die Zechpröbste der Pellheimer Kirche nicht einig. Zur Lösung des Streits beauftragte der Freisinger Richter eine Anzahl von Meistern (magistri artis) mit der Erstellung eines Gutachtens hinsichtlich des Preises, den der Künstler fordern durfte. Die Gutachter schätzten den Wert der Werke auf 8 Pfund. Ihrem Rat folgend forderte der Richter die Zechpröbste zur Zahlung dieser Summe auf2. Gegen das Urteil wollten die Zechpröbste nach Rom appellieren, doch scheinen sie dies nicht getan zu haben, da das Gericht am 14. Oktober nach Ablauf der Appellationsfrist die Umsetzung des Urteils ob non prosecutione appellationis (wegen ausgebliebener Durchführung der Appellation) einforderte. Zusätzlich mussten die Pröbste dem Maler seine Gerichtskosten im Wert von fast der Hälfte des Streitwertes zurückerstatten, nämlich 3 librae (Pfund) 76 den. (Pfennig)3.

Leider sind diese Kunstwerke des Malers Hans Halbax heute verschollen. Bereits in einem Visitationsbericht der Pfarrkirche St. Ursula vom Jahr 1560 werden sie nicht erwähnt. Vielmehr wird hervorgehoben, dass die Kirche wenige Gemälde aufzuweisen habe (Sonst bei der kirchen und pfarrhof nit mangel, allein wenig gmäl in der kirchen)4. Möglicherweise befanden sie sich also bereits zu diesem Zeitpunkt nicht mehr in der Kirche.

 

1 Auch: Johannes Halbagß/Hans Halbwachs, aktiv in München 1450-1483. Vgl. Hartig, Otto: Münchner Künstler und Kunstsachen. Auszüge aus Archivalien und handschriftlichen Aufzeichnungen der staatlichen und städtischen Archive und Bibliotheken Münchens. I. Vom Beginne des 14. Jahrhunderts bis zum Tode Erasmus Grassers (1518) und Jan Polacks (1519), in: Münchener Jahrbuch der bildenden Kunst, 3 (1926), S. 273-361, S. 283.
2 Bistum Freising, Offizialat 10, f.63r.
3 Ebd., f.120r.
4 Nach: Anton Landersdorfer, Das Bistum Freising in der bayerischen Visitation des Jahres 1560, St. Ottilien 1986, S. 313.


Servicebereich